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Nachlese Vernetzungstreffen
Gemeinsam aktiv werden - Werte schaffen
Am 11. Februar ist das diesjährige Vernetzungstreffen der Bienenfreundlichen Gemeinden unter dem Titel „Gemeinsam aktiv werden – Werte schaffen“ online „über die Bühne“ gegangen. Beim mittlerweile fünften Vernetzungstreffen durften wir Teilnehmer:innen aus ganz Oberösterreich begrüßen. Denn das Netzwerk der Bienenfreundlichen Gemeinden wächst und ist mit 62 bereits ausgezeichneten und 20 neu-startenden Gemeinden in jedem OÖ Bezirk vertreten.
Die Begrüßung sowie die Moderation der Veranstaltung wurden von Gerlinde Larndorfer und Georg Wiesinger durchgeführt.
Es hat uns sehr gefreut, dass auch Umwelt-Landesrat Stefan Kaineder und der Geschäftsführer des Klimabündnis OÖ Norbert Rainer mit dabei waren und einleitende Begrüßungsworte sprachen.
Landesrat Stefan Kaineder Norbert Rainer
(Geschäftsführer KB OÖ)
Impulsvortrag
Univ. Prof. Sigrid Stagl (Departmentsvorständin – Dept. Sozioökonomie WU Wien) hat in ihrem Vortrag Der Wert der Natur – Ein „neuer“ Denkansatz gezeigt, dass derzeit gängige Wirtschaftsmodelle die Natur nicht miteinbeziehen. Dabei wäre dies sehr wichtig, da wir in einzelnen Bereichen die Belastungs- und Kapazitätsgrenzen unseres Planeten bereits überschritten haben.
Steffen, W., K. Richardson, J. Rockström, S.E. Cornell, et.al. 2015. Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet. Science 347: 736, 1259855 Sigrid Stagl
Es wurde gezeigt, dass derzeit kein Land die Bedürfnisse seiner Bevölkerung befriedigen kann und dabei innerhalb der biophysikalischen Grenzen bleibt. Ein besonderes Problem stellt dies da, da wir in einer „Full World“ leben. In dieser vollen Welt bleiben außerhalb des menschlichen Wirtschaftssystem kaum Spielräume für natürliches Kapital (z.B. Biodiversität, Boden, Wasser, saubere Luft, usw) bzw. kaum Regenarationsmöglichkeiten für dieses natürliche Kapital.
Beispielhaft kann man sich das so vorstellen: ein einsamer Cowboy in der Prärie lebt in einer „Empty World“. Würde er unökologisch Handeln und z.B. seinen Müll einfach wegwerfen, fällt das in der Gesamtheit der Prärie nicht ins Gewicht. Da wir als Gesellschaft jedoch so viel natürliches Kapital in Anspruch nehmen, fallen unsere Handlungen viel stärker ins Gewicht. Würden wir alle unseren Müll achtlos wegwerfen, hätten wir ein großes Problem und z.B. kein sauberes Trinkwasser mehr.
Bienenfreundliche Gehölze – Werte für Generationen
Mit den ersten Bäumen, die gefällt werden, beginnt die Kultur. Mit den letzten Bäumen die gefällt werden, endet sie.
Gustave Flaubert
Christian Roither
Christian Roither (Sachverständiger für Baumkontrolle, Baumpflege und Baumwert) hat in seinem Vortrag Der Wert von Bäumen – Erhalten und Pflegen die unterschiedlichen Sichtweisen auf den Wert eines Baums herausgearbeitet: So ist der gleiche Baum in den Augen eines Kindes, in den Augen eines Tischlers oder auch in den Augen eines Schatten-Suchenden Menschens unterschiedlich viel wert. „Wert ist das, was wir einer Sache an positiver Bedeutung zukommen lassen.“
Als Sachverständiger für Baumwert hat Hr. Roither auch unterschiedliche Berechnungsmodelle vorgestellt: i-Tree und Betula. Beide Modelle berücksichtigen nur einen kleinen Aspekt der positiven Eigenschaften eines Baums. Trotzdem zeigen sie, dass pro investierten Euro in einen Baum (z.B. Jungbaumpflege, Fachgerechter Schnitt, usw.) ungefähr 2,45 Euro als Wert generiert werden.
Abschließend ist Hr. Roither noch auf das Thema Angst eingegangen. Viele Bäume werden geschnitten oder entfernt, weil man vor möglichen Schäden Angst hat. Tatsächlich gibt es lt. Statistik Austria bei 83.975 Tote im Jahr 2018 in Österreich folgende Zusammensetzung:
- 32.684 durch Herz Kreislauf – Erkrankung
- 21.318 durch Krebs
- 15.000 durch Rauchen (davon 1.000 durch passiv Rauchen)
- 8.000 durch Alkohol (davon 550 durch Alkoholvergiftung)
- 1.209 durch Selbsttötung
- 766 durch Sommerhitze
- 400 durch Straßenverkehr
- usw.
- weniger als 1 Toter pro Jahr durch Bäume (ausgenommen Forstarbeiter)
Bei ca. 3,8 Mrd. Bäumen in Österreich zeigt sich, dass die Gefahr, welche von Bäumen ausgeht sehr stark überschätzt wird.
Handout zum Vortrag von Christian Roither – hier.
28.04.2022: Praxiskurs Baumpflege mit Christian Roither – Details hier.
Der Beitrag aus Niederneukirchen von den beiden Bienenbeauftragten Barbara Ziegler und Alois Karan mit dem Titel Wie kommen Bienenfreundliche Gehölze in die Gemeinden und Gärten – Sammelbestellaktion stellte das Erfolgsmodell „Sammelbestellaktion“ vor.

2016 ist aus der Aktion Bienenweide, die von Imkerverein, Jägerschaft mit administrativen und finanzieller Unterstützung der Gemeinde durchgeführt wurde die Idee einer Sammelbestell-Aktion „Wildsträucher“ entstanden. Ein Bestellblatt und Informationen wurden in der Gemeindezeitung veröffentlicht. Das Bestellblatt konnte an mehreren Stationen im Gemeindegebiet abgegeben werden. Durch aktive Werbung auch bei den Vereinen, wurde die Aktion ein großer Erfolg. So wurden, um über EUR 3.000,00 heimische Sträucher bestellt. Bei Institut Hartheim 97 Stk. und bei der Baumschule Braunschmid sogar 1.775 Stk.
Die Aktion wird seither im Zweijahres-Rythmus angeboten.
Im Projekt Bienenfreundliche Gemeinde wurde als Aktionsvorschlag für Ihre Gemeinde eine Gehölz-Sammelbestellaktion ausgearbeitet – Details dazu hier.
Bienenfreundliche Wiesen – gemeinsam aktiv werden
Claudia Wolkerstorfers (Ingenieurbüro für Biologie) Vortrag Der Wert von bunten Wiesen – Artenschutz und Pflege zeigte auf, was man überhaupt unter einer Wiese versteht. Und zwar handelt es sich um
- landwirtschaftliches Grünland, das durch
- Mähen
- zur Erzeugung von Heu oder Grassilage genutzt wird = Beerntung
- und sich durch Aussaat selbst erhält
Im Umkehrschluss heißt das, dass Flächen die gemulcht oder geschlägelt werden nicht als Wiesen gelten, da keine Beerntung erfolgt. Ebenso gelten mehrschührige landwirtschaftliche Intensivwiesen nicht als Wiese im eigentlichen Sinn, da sie sich nicht selbst erhalten können. Eine regelmäßige Nachsaat ist auf diesen Flächen notwendig.
Claudia Wolkerstorfer
Der besondere Wert der Wiese liegt auch darin begründet, dass sie jahrhundertealtes Kulturgut ist. Früher war die Mahd (mit der Sense) und das Einbringen des Heus Arbeit für die ganze Hofgemeinschaft und für das Füttern der Tiere im Winter überlebensnotwendig. Der in der Landwirtschaft tätige Bevölkerungsanteil war auch noch viel höher: 1934: 36%, 2016: 4,4%
Durch das Fehlen von Dünger konnten die Wiesen max. 1-2x pro Jahr gemäht werden. Der wertvolle Stalldünger wurde für die Äcker benötigt. Wiesen waren nährstoffarme und dadurch besonders arten- und blütenreiche Lebensräume. Flächen die heute vergleichbar bewirtschaftet werden gelten gemeinhin als „extensiv“ und naturschutzfachlich besonders wertvoll. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass bis zum Ende des 2. Weltkriegs (Einführung synthetische Düngemittel) 1-2-mähdige Wiesen als intensiv-genutzte Wiesen gegolten haben.
Der Erhaltung und Pflege extensiv genutzet Wiesen wir auch seitens Naturschutzabteilung Land OÖ als auch im neuen ÖPUL-Programm Rechnung getragen:
- Breite Palette an Naturschutzförderungen
- Ausschließlich für naturschutzfachlich hochwertige Wiesen oder für jene mit Entwicklungspotenzial
- Verbunden mit Auflagen bezüglich Schnitthäufigkeit und Mähzeitpunkt, immer OHNE Düngung!
- ÖPUL NEU ab 2023: NEU Verpflichtung für Landwirte zur Pflege von sog. Biodiversitätsflächen in UBB sowie BIO
- Zukünftig 7 % ökol. Vorrangflächen pro Betrieb notwendig (bisher 5 %) z.B. Landwirtschaftlicher Betrieb mit 80 ha benötigt 5,6 ha Biodiversitätsflächen
- „ Biodiv.-flächen“ bringen für die Biodiversität und auch den Landwirten monetär wenig
- Naturschutzflächen werden auf Biodiversitätsflächen angerechnet (da höherwertig!) und bringen monetär 2-3 mal soviel!
- Chance für Gemeinden: Zur Verfügung Stellung gemeindeeigener Flächen an Landwirte
- WICHTIG für Gemeinden: Mindestanforderungen an die Bewirtschafter zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität vertraglich festschreiben

Bürgermeister Christian Kolarik zeigte in seinem Vortrag Gemeinsam Bienenwiesen heig’n wie in Kronstorf ökologisch wertvolle Flächen gemeinsam erhalten werden.
Der Schutz der wertvollen Flächen hat seinen Ausgang in einer Landschaftserhebung 1999 durch Essl & Prack im Auftrag der Marktgemeinde. Jährlich werden mehrere hundert Meter Böschungen von Landwirten gemäht. Engagierte Ehrenamtliche Heuen die Flächen nach ein paar Tagen ab und das Heu wird verbracht. Wichtig für das gemeinschaftliche Engagement ist auch anschließendes gemütlich Zusammensitzen und das Feiern der Erfolge.
So ist es gelungen, die naturschutzfachlich wertvollen Flächen zu erhalten. Es gibt auch weitere Erfolge: zum Einen findet man Rote-Liste Arten auf den Flächen, zum Anderen breiten sich diese Arten jedoch auch wieder in umliegende Flächen oder entlang einer Straße aus.
Kronstorf beschäftigt sich jedoch nicht nur mit dem Erhalt von Flächen, sondern es wird z.B. auch ein neuer, klimafitter Bebauungsplan ausgearbeitet. Dieser soll zukünftig bei großflächigeren Bebauungen (Betriebe) die Verwendung von wasserdurchlässigen Belägen (z.B. Rasengittersteine, Schotterrasen) aber auch von Gründächern vorschreiben. Es gibt im Schaltwerk Kronstorf auch schon erste großflächige Versuchsflächen.
Die Bienenbeauftragte Julia Müller ist eine große Stütze im Projekt. So konnte bereits realisiert werden:
- 4,5 ha Blühflächen in Kooperation Ortsbauernschaft
- Mostbaumaktion der Marktgemeinde bei der Mostkost
- Baum- und Blühpflanzensammelbestellung
- Naturnahes Straßenbegleitgrün – Verkehrsinseln
- Genußmarkt mit Stand zum Insektenhotel basteln
- Bienenstockschaukasten
- Urban Gardening in neuen Siedlungen
- Wildstaudenpflanzung durch LJ
Bernhard Berger Foto: Rainer Weiß
Bernhard Berger (Obmann Ausschuss für Umwelt und Klima, Gallneukirchen) stellte uns das Projet Sense sucht Wiese – Sensenmähkurs vor.
In Gallneukirchen hat sich eine Gruppe Engagierte zusammengeschlossen um gemeinsam Sensen zu mähen. So wurde die Fläche rundum das Mahnmal für den Frieden und weitere Flächen gemäht.
Aufgrund des tollen Zulaufs und der guten Stimmung wurden 2021 zwei Sensenmäh-Tage organisiert. Treibende Kraft ist u.A. der ehemalige Vize- und nunmehrige Bürgermeister Sepp Wall-Strasser. Auch 2022 soll wieder ein Sensenmäh-Tag stattfinden.
Bernhard Berger betonte noch die Wichtigkeit des gemeinschaftlichen und des gemeinsamen Abschlusses bei einer „Mäherjause“.
In Helpfau-Uttendorf ist eine Bieneninsel entstanden, welche von der VS als Schulgarten genutzt wird. Wie genau der Prozess vonstatten ging, erzählten Bettina Kobler (VS Direktorin) und Johann Puttinger (Bienenbeauftragter Helpfau-Uttendorf) in Begeisterung von Klein an – Bienenfreundlicher Schulgarten.

Auslöser für den Prozess war, dass viele kranke Eschen entfernt werden mussten. Geplant, Organisiert und auch Ausgeführt wurde viel vom örtlichen Imkerverein. Kooperationen gab es mit der Gemeinde und mit lokalen Sägewerken. So konnte etwa aus dem anfallenden Holz ein großes Hochbeet errichtet werden, welches nur auf der Insel für die Schule und Privatpersonen zur Verfügung steht. Auch wurden Baumstümpfe mit Holzbrettern verbunden um naturnahe Sitzbänke zu errichten.
Weiters wurde ein Insektenhotel gebaut, ein Kompostplatz angelegt sowie eine Holzhütte gebaut: Als Lager für den Imkerverein. Zur Bewusstseinsbildung wurden große Infotafeln aufgestellt. Die Rahmen wurden ebenfalls aus „eigenem“ Holz gefertigt.
Eine Bepflanzung der Insel erfolgte ebenfalls. Dabei wurde auf REWISA-zertifiziertes Saatgut bzw. Pflanzmaterial geachtet.
Die Insel wird regelmäßig vom Imkerverein bespielt – z.B. durch ein „Bieneninselcafe“. Ein besonderes Highlight, auch für die Schüler:innen, sind die bunt bemalten Bienenstöcke.
Für die Schule stellt die Insel eine ganz besondere Bereicherung dar. Sie wird intensiv genutzt: als Lernort, als Feldversuchsfläche aber auch als Naschoase mit Obst und Beeren. An heißen Sommertagen darf das kühle Nass der umfließenden Bäche von den Kindern auch zum Plantschen verwendet werden.
Durch die Auseinandersetzung mit der Natur und mit den (Wild)Bienen, haben die Kinder ein ganz neues Verständnis entwickelt. Hat sich früher eine Biene in ein Klassenzimmer verirrt, hat das bei vielen Kindern eher Angst ausgelöst. Jetzt ist es eine „ihrere Bienen“ und sie muss selbstverständlich gerettet – sprich eingefangen und draußen wieder freigelassen werden. Es wurde deutlich, wie wichtig diese Bewusstseinsbildung schon von Klein an ist.
Angebote für Bienenfreundliche Gemeinden
Gerlinde Larndorfer vom Klimabündnis OÖ / Bodenbündnis OÖ stellte Angebote und Aktionsvorschläge für die Bienenfreundlichen Gemeinden vor:
In ihrer Präsentation finden Sie Details – Hier klicken.
Weiter dürfen wir Sie auf folgende Aktionsvorschläge und Förderangebote aufmerksam machen:
Fotowettbewerb 2022
REWISA-Saatgut Bestellaktion / Förderung
T-Shirt Bestellaktion
Sensenmähkurs organisieren
Strauch-Sammelbestellung organisieren
Nachlese Kleingruppen
a) Der Wert der Natur – Hier Klicken
mit Sigrid Stagl, Claudia Wolkerstorfer und Georg Wiesinger
b) Bienenfreundliche Gehölze – Hier Klicken
mit Christian Roither, Barbara Ziegler, Alois Karan und Lisa
c) Bienenfreundlicher Schulgarten / Gartenprojekte – Hier Klicken
mit Bettina Kobler, Johann Puttinger und Andrea Wagner
d) Bürger:innen motivieren – Hier Klicken
mit Christian Kolarik, Bernhard Berger und Gerlinde Larndorfer